Mini Klein-Mosbach

Mini Klein-Mosbach war Ausdruckstänzerin und Tanzpädagogin des 20. Jahrhunderts in Wien.
Sie wurde 1907 in Wien geboren. Ihre Eltern waren Adolfine Kummetz und Richard Mosbach. Er war Prokurist der Firma Harlander in Wien und Bukarest. Von 1910 bis 1918 lebte die Familie mit beiden Töchtern in Bukarest, wo sie die evangelische Volks- und Hauptschule besuchten.

Im Ersten Weltkrieg kam der Vater von Mini Klein-Mosbach in Rumänien in Kriegsgefangenschaft. Nach Ende des Krieges kehrte die Familie nach Wien zurück.

Von 1930 bis 1931 war Mini Klein-Mosbach außerordentliche Hörerin an der Akademie für Musik und darstellende Kunst, unter anderem bei Grete Wiesenthal und Gertrud Bodenwieser. Außerdem studierte sie an der Privatlehranstalt für rhythmische Gymnastik Ada Richetta-Kratenburg.

Seit 1932 war sie als Ausdruckstänzerin tätig und eröffnete die Privatschule für Gymnastik und Kunsttanz in Wien 6, Mariahilferstraße. Sie lebte mit ihrem Mann Dr. Johannes Klein und ihren zwei Kindern, Hans-Dieter Klein und Heidelinde Klein, in Wien. Sie war durchgehend bis zu ihrem Tod unterrichtend tätig. Das war auch deswegen einfach für sie möglich, da sie im 2. Weltkrieg eine aus heutiger Sicht unreflektierte Position einnahm. Auf der Bühne war sie bis in ihre 40er Jahre.

In den letzten zwei Jahrzehnten ihres Lebens dokumentierte sie ihre Arbeit in zahlreichen Skripten, die von Hans-Dieter Klein dem Derra de Moroda Tanzarchiv in Salzburg zur Verfügung gestellt wurden.


Meine Begegnung mit Mini Klein-Mosbach

Ich, Dhana Loner, bin in Wien Ende des 20. Jahrhunderts geboren und habe Mini Klein-Mosbach daher nie persönlich kennengelernt. In der Volksschule besuchte ich Ballettunterricht und im Kindergarten einen Rhythmikkurs. Mit 14 Jahren „erfand“ ich für mich den Ausdruckstanz neu – ich entwickelte eigene Übungen, um einen Tanz von innen heraus zu gestalten.

Damals wusste ich noch nicht, dass viele Pädagoginnen vor mir bereits den Ausdruckstanz begründet hatten. Ohne Internet war der Zugang zu dieser Geschichte schwierig. Doch mit 16 Jahren kam ich zu meinem ersten Ausdruckstanzkurs.

In meiner tanzpädagogischen Ausbildung im Studio Igra in Wien zur Diplomierten Künstlerischen Tanzpädagogin lernten wir die Grundlagen von Rosalia Chladek und Rudolf von Laban kennen. Da ich mich mit Labans Philosophie besonders verbunden fühlte, beschäftigte ich mich im Studium der Bildungswissenschaften intensiver mit seiner Theorie des Ausdruckstanzes und verfasste meine Diplomarbeit zum Thema Ausdruckstanzpädagogik für Gehörlose.

Ich verwende die Theorien von Rudolf von Laban nicht nur in meinen Ausdruckstanzkursen, sondern nutze sie auch als Grundlage für Improvisation mit Kindern sowie in der Vorbereitung des Kindertanzes auf verschiedene Tanztechniken. Gut angeleitete Tanzimprovisation ist für mich die Grundlage eines jeden gelungenen Kindertanzunterrichts.

Der Ausdruckstanz hat hier in Europa einen wichtigen Beitrag geleistet: Er hat der Improvisation Struktur verliehen und ihre künstlerische Qualität gestärkt.

Nachdem ich nun schon über 30 Jahre tanze und mir bereits früh eigene Konzepte zur Improvisation überlegt hatte, erhielt ich eine Nachricht von Hans-Dieter Klein, dem Sohn von Mini Klein-Mosbach (selbst Philosoph und Komponist). Das geschah, während ich gerade auf einer DaCi-Konferenz (Dance and the Child International) in Ljubljana war – das ist nun etwas über ein Jahr her.

Anfangs war ich überrascht, wie es zu dieser Ehre kam, doch Hans-Dieter Klein half mir zu verstehen, dass zwischen der Arbeit seiner Mutter als Tanzpädagogin und ihrer Liebe zu Kindern sowie meiner eigenen Arbeit und Beziehung zu meinen Kindern eine deutliche Parallele besteht. Auch unsere Grundannahmen darüber, was Tanz ist und was Tanz kann, sind sehr ähnlich. Aus diesem Grund hatte Hans Dieter Klein Kontakt aufgenommen. Nachdem wir ein paar Wochen lang Emails ausgetauscht hatten, begann ich immer mehr Parallelen der Arbeit von Mini Klein-Mosbach und meiner Arbeit zu sehen.


In Mini Klein-Mosbach 50-jähriger Unterrichtstätigkeit entstanden zahlreiche Unterlagen, die dank ihres Sohnes heute allen Interessierten im Derra de Moroda Tanzarchiv in Salzburg zugänglich sind.

Sie setzte sich intensiv mit den Theorien von Rudolf von Laban, Isadora Duncan und Rudolf Bode auseinander. Die unveröffentlichten Bücher, die sie selbst schrieb, zeigen sowohl ihre strukturierte Arbeitsweise und den Schwerpunkt auf praktische Umsetzung des Ausdruckstanzes als auch ihren pädagogischen und philosophischen Zugang zum Tanz.

Hans-Dieter Klein stellte mir nachdem wir länger via Email Kontakt hatten Materialien seiner Mutter zur Verfügung, die er noch zu Hause hatte. Beim Lesen dieser Unterlagen war ich immer wieder erstaunt über die Parallelen zwischen ihrer Arbeit und meiner eigenen Tätigkeit als Tanzpädagogin. Ihr Zugang zum Tanz und insbesondere ihre Arbeit im Kindertanz sind faszinierend.

Neben den Unterlagen zum Ausdrucks- und Kindertanz verfasste sie auch ein bisher unveröffentlichtes Buch, in dem sie eine eigene Tanzschrift entwickelte. Diese ist beeindruckend ausgeführt – ich hoffe, dass sich eines Tages Tanzschriftforscher*innen mit dieser Arbeit von Mini Klein-Mosbach beschäftigen.


Kindertanz aus Sicht von Mini Klein-Mosbach

Mini Klein-Mosbach arbeitete viel mit Kindern und unterstützte das freie Tanzen der Kinder besonders. Sie schrieb:

„Beim Ausdruckstanz hingegen darf der Bühnentanz nur kindgemäßer Laientanz sein. Das heißt: niemals die Grenze der Freude überschreiten.
Es ist klar, dass für Tanzgestaltungen oft auch Kindergruppen notwendig sind. Es ist ebenso erwiesen, dass die meisten Kinder tanzen wollen und auch bei Vorführungen mit größtem Vergnügen mitmachen. … Kinder, besonders im Volksschulalter, finden ohne dies an körperlicher Leistung meist großes Vergnügen. Der Lehrer muss sich allerdings auch nach ihren Wünschen richten, was leicht möglich ist, da es schließlich ganz gleich ist, welche Bewegungsarten sie zuerst lernen. Die eigentliche Führung zum Tanz, also die Ausdruckstanz Schulung darf aber keinesfalls in tanzen lernen sondern nur an Tanzen spielen sein. Dazu ist die richtige Aufgabenstellung, durch welche das Kind zur Tanzgestaltung angeregt wird, wichtig. Der Lehrer muss sich so in seinen kleinen Schüler einfühlen, dass er jeweils die Themen stellt, diese geistig erfassen und technisch bewältigen können. So entstehen die entzückenden Tanzbewegungen, die der Lehrer dann zusätzlich durch Anregungen ausbauen kann.“

In diesem Text und in vielen anderen Stellen sowie in den Erzählungen ihres Sohnes Hans-Dieter fand ich zahlreiche Parallelen zu meiner eigenen tanzpädagogischen Arbeit – sowohl mit Kindern als auch mit Erwachsenen.

Als nächsten Schritt möchte ich ihre Niederschriften und ihre Aufführungen „Kinder tanzen für Kinder“ hier in einem Blog auf der Kindertanzpädagogik Seite dokumentieren, um einem breiten Publikum mehr Einblicke in die Arbeit von Mini Klein Mosbach zur Verfügung zu stellen.

Ich lade alle Tanzpädagoginnen und Tanzpädagogen aber auch ein, zu forschen und sich mit der Ausdruckstanzpädagogin Mini Klein-Mosbach auseinanderzusetzen. Ihre Unterlagen stehen im Derra de Moroda Tanzarchiv in Salzburg öffentlich zur Verfügung.

Hier noch das Interview von Hans Dieter Klein für alle, die gerne sofort mehr Infos wünschen.

Online Kindertanz während einer Pandemie

VORTEILE DES ONLINE-KINDERTANZ-UNTERRICHTS

Kindertanz online abzuhalten – ich glaube, das konnten sich viele Tanzpädagog_innen vor einem Jahr noch gar nicht vorstellen. Und auch noch vor wenigen Monaten war es vielen unklar, ob und wie das funktionieren könnte. So ging es auch mir. Ich wappnete mich mit vielen Ersatzterminen, um einen kurzen Lockdown ohne Online-Unterricht überbrücken zu können und startete so in das Wintersemester 2020/21. Der Lockdown war dann überhaupt nicht so kurz wie erhofft und ich habe mich dazu durchgerungen, mit einigen Online-Einheiten anzufangen – in Hoffnung, die meisten Einheiten doch offline abhalten zu können. In Wien, wo ich unterrichte, kam es aber leider nicht dazu. Ich war zuerst sehr enttäuscht darüber und dann vollkommen überrascht, wie viele Kinder die Online-Einheiten viel besser als erwartet angenommen und auch nach mehr Online-Einheiten gefragt haben.

Eine Zoomeinheit zum Thema Eislaufen vom Winter 2021.

Prinzipiell bevorzuge ich weiterhin den Offline- vor dem Online-Unterricht. Trotzdem habe ich erkannt, dass der Online-Kurs auch Vorteile hat:

1. Wir haben auch in einer Pandemie, während der wir uns nicht sehen dürfen, die Möglichkeit, Tanzkurse zu geben und Tanzkurse zu genießen.

2. Wir können mit dem Online-Unterricht räumliche Distanzen überwinden und sind nicht von Angeboten in unseren Grätzeln abhängig. 

3. Wir sparen uns die Fahrtzeit, wenn wir oder unsere Kinder einen Tanzkurs besuchen.

4. Die dadurch gewonnene Zeit verwenden wir meistens zum Aufräumen. Dadurch sehen unsere Wohnungen gleich ein kleines Stück besser aus.

5. Die Kinder nehmen den Tanz mit nach Hause in ihren Alltag. Jede_r Kindertanzpädagog_in hat Ziele, die ihr oder ihm wichtig sind. Eines meiner Ziele war es immer, dass die Kinder den Tanz als Selbstverständlichkeit in ihr Leben einbauen und in ihr Zuhause integrieren. Der Tanz soll ihr Leben bereichern und durch ihr Leben soll der Tanz erstrahlen. Immer wieder gelingt mir das sehr gut, aber oft habe ich das Gefühl, dass der Tanz zu sehr seinen Platz im Tanzsaal hat. Der Online-Unterricht unterstützt mich nun dabei, eine räumliche Verknüpfung zum Alltag der Kinder herzustellen und somit ist die Chance größer ist, dass der Tanz einen Platz im täglichen Leben der Kinder erhält.

6. Die Tänzer_innen wie die Kindertanzpädagog_innen können ein Knoblauchbrot vor dem Unterricht essen, ohne dass es jemanden stört. 😉

Ich freue mich schon sehr auf den Präsenzunterricht, aber ich finde es gut, dieses Tool für mich entdeckt zu haben. Es ist jedoch keine Dauerlösung, sondern überbrückt meiner Meinung nach nur Wochen sinnvoll, aber nicht Monate.

WIE GELINGT DER ONLINE-KINDERTANZ-KURS?

Online-Tanzstunden sind für viele von uns neu und stellen uns vor ganz andere Herausforderungen als der Offline-Unterricht. Was können wir tun, damit die Online-Einheiten gut klappen? 

Die größten Herausforderungen des Online-Unterrichts im Kindertanz sind aus meiner Sicht diese:

1. Wir versuchen die Kinder vor einem Bildschirm zum Mitmachen zu aktivieren, obwohl sie meist gewohnt sind, Bildschirme zum „Abschalten“ zu nützen. 

2. Gleichzeitig ist die Interaktion in so vielen Bereichen eingeschränkt, so dass ein gewöhnlicher Kontakt mit allen Sinnen, wie wir ihn gerne haben, nicht möglich ist.

Was kann uns dabei helfen, die Kinder in Bewegung zu bringen, mit ihnen in Kontakt zu kommen und ihren Kontakt zum Tanzen zu fördern?

  1. Die Kinder müssen sich an das neue Medium, an die neue Art des Unterrichtens erst gewöhnen. Wenn ihr die Kinder vor der Pandemie bereits unterrichtet habt, knüpft an Bekanntes an. Wenn ihr eine Einheit plant, setzt Tanzelemente an den Beginn, die die Kinder kennen. Verwendet in den Tanzeinheiten immer wieder Lieder, Abfolgen von Tanzelementen und Erzählungen, die ihnen bekannt sind. 
  2. Sprecht mit den Kindern. Ich beginne die Einheiten nicht nur mit einem Ton- und Tanzplatzcheck. Ich frage die Kinder auch, wie es ihnen geht. Meiner Meinung nach ist das gerade während der Pandemie sehr wichtig. Die Kinder sind starken Einschränkungen ausgesetzt und sollen, wann immer es geht, die Möglichkeit erhalten, von sich und ihrem Befinden zu erzählen. Ich bespreche mit den Kindern anschließend den Ablauf. Meistens frage ich, ob es etwas Bestimmtes gibt, das sie unbedingt in der Einheit machen möchten und kläre mit ihnen, ob das möglich ist. Zwischen den einzelnen Abschnitten setze ich mich immer wieder mit ihnen zusammen, um zu besprechen was sie als nächstes brauchen. 
  3. Klärt zu Beginn des Unterrichtes gemeinsam mit den Eltern oder Bezugspersonen die technischen Möglichkeiten ab. Besprecht mit den Kindern und Eltern gemeinsam, wie der Platz zum Tanzen am besten genützt werden kann und welche Utensilien die Kinder für den Unterricht brauchen.
  4. Einen Online-Kurs zu besuchen ist ganz anders, als zu einem Ort zu fahren. Immer wieder vergessen die Teilnehmer_innen bzw. ihre Eltern, wann die Stunde stattfindet. Daher ist es sinnvoll, E-Mails zur Erinnerung auszuschicken. Bei den Jugendlichen, die meist schon sehr selbstständig sind, ist es sinnvoll doppelt zu kommunizieren: Sie persönlich über die Abläufe zu informieren, aber auch ihre Eltern. Wenn ich kurz vor Start sehe, dass Teilnehmer_innen nicht online sind, die sich angemeldet haben, dann frage ich meist auch noch einmal per SMS nach oder rufe an.
  5. Um die Kinder bzw. Jugendlichen mehr in den Bann zu ziehen, habe ich den Teilnehmer_innen ein Kuvert mit Materialien zum Tanzen mitgegeben. Dazu habe ich mich mit den Eltern zum Kurszeitpunkt, aber noch vor Kursstart, im Freien getroffen. Manchmal waren die Kinder mit dabei. Auch hier gab es wieder die Möglichkeit sich mit den Kindern und Eltern auszutauschen und herauszufinden, wie es den Kindern mit der Situation geht. Das Angebot wurde extrem gut angenommen und alle Teilnehmer_innen sind gekommen bzw. haben sich Freund_innen auch zusammengetan, um die Sachen abzuholen. Im Kuvert waren Sachen, die sie vom Unterricht kennen oder die ich normalerweise (ab und an) für die Kinder bastele und ihnen mitgebe. Die Kinder haben sich riesig über das Kuvert gefreut, das sie erst in der Online-Einheit aufmachen durften. 
  6. In den Kursen mit Kindern bis sechs Jahren habe ich die Eltern in den Online-Tanzkurs mit eingebunden und eine Eltern-Kind-Einheit gestaltet. Dadurch haben wir den Effekt noch einmal stärker, dass wir den Kindern den Tanz mit in den Alltag bringen, weil die Eltern, dann auch den Ablauf der Einheiten kennen. Außerdem verwende ich hier auch einige Übungen, wie z.B. leichte Hebefiguren oder Massagen, die die Verbindung zwischen Eltern und Kind unterstützen. Oft werden diese Elemente, dann auch außerhalb des Tanzkurses ausprobiert. 
  7. Für Jugendliche habe ich die Choreo, an der wir arbeiten, sowie Dehnungsübungen und Bauchmuskelübungen abgefilmt und ihnen auf youtube mit einem gesicherten Link zukommen lassen. So konnten sie auch zwischendurch üben. Manche haben diese Möglichkeit sehr oft in Anspruch genommen, andere weniger.
  8. Ich habe mich bemüht, auch ein klein wenig den Computer als Medium mit in den Tanzunterricht einzubauen: Dazu habe ich in circa jeder zweiten Einheit auch einmal kurze Videos aus dem Internet gezeigt und die Teilnehmer_innen dazu ermuntert, die Choreografien nach zu tanzen oder sich davon inspirieren zu lassen. Zum Beispiel war das beim Eltern-Kind-Tanzkurs eine Hebefigur von meinem Kanal: https://www.youtube.com/watch?v=oeCZ4ZHaOH0 oder in der Zoogeschichte tanzende Flamingos: https://www.youtube.com/watch?v=tTrh9XWCr5I Für eine Choreografie habe ich mit den Jugendlichen TikTok-Videos rausgesucht und wir haben sie nachgetanzt. 
  9. Bezüglich Technik und Onlineunterricht gibt es sehr viele Videos online. Es ist natürlich gut sich mit den Möglichkeiten der Programm auseinander zu setzen. Ich finde es grundlegend sich mit den technischen Optionen auszukennen ohne, dass wir Profis in dem Bereich sein müssen. Als Anwender_innen sollten wir auch vor der ersten Einheit die wichtigsten Werkzeuge unseres Programms zu kennen.
  10. Besucht selber unterschiedliche Online – Klassen und beobachtet was für euch gut funktioniert, schaut euch ab was ihr gerne mitnehmen wollt und vermeidet was ihr in der Einheit irritierend gefunden habt. Wenn ihr dann selber Texte zum Thema Online Kindertanz schreibt, könnt ihr sie gerne in die Facebook Gruppe Kindertanzpädagogik stellen: https://www.facebook.com/kindertanzpaedagogik
  11. Und als letzten Tipp noch eine verrückte Eigenheit vor mir. Ich verwende vor dem Unterricht immer ein erfrischendes Parfum und massiere meine Füße mit einem frisch duftendem Fußgel ein. Das braucht es in der Onlineeinheit natürlich nicht, aber als Ritual für mich, dass es sich hier um eine „richtige“ Einheit handelt, habe ich es behalten. Vielleicht habt ihr auch Rituale vor dem Unterricht, die ihr beibehält auch wenn es für den Onlineunterricht so in der Form nicht notwendig ist.
Hier ein Beispiel für ein Tanzkuvert: Zauberstab (aus buntem Papier gerollt), Zpagetti (eines meiner Lieblingstanzequipments, Luftballon, Tanzband und Papierflieger;

Ich finde, es ist wichtig, nicht so zu tun, also ob Online-Tanzkurse dasselbe sind wie Online-Einheiten. Gleichzeitig jedoch haben wir mit dem Medium auch einige neue Möglichkeiten entdeckt, die unseren Tanzunterreicht bereichern und von denen wir die eine oder andere Idee vielleicht in die Offline-Einheiten mitnehmen werden.

Kindertanzpädagogik darf jede_r in Österreich unterrichten

Und ich finde das gut so. In diesem Blogbeitrag möchte ich diese Position konkretisieren. Jede Person in Österreich hat die Möglichkeit, nicht nur Tanz zu unterrichten, sondern auch Kindertanz. Tanz gehört zu den ältesten Kulturformen und ist so unterschiedlich wie jeder Mensch. Gleichzeitig gibt es auch in der Pädagogik viele unterschiedliche Ansätze und Methoden, die praktiziert wurden und werden. Der Ruf nach dem Schutz eines „professionellen“ Tanzes ist verständlich, denn gerade die Kindertanzpädagogik ist ein sehr sensibles Metier und wir wollen, dass unsere Kinder nicht nur professionell, sondern auch gesund in den Tanz begleitet werden. Aber was bedeutet in diesem Zusammenhang „Professionalität“? Wer entscheidet, was professionell ist? Eine Möglichkeit wäre zu sagen, wir wollen ein gemeinsames Grundverständnis von Tanzpädagogik zur Sicherheit der Kinder entwickeln. Doch können wir dieses Grundverständnis und diese Sicherheit mit einer Ausbildung erreichen? Oder kann diese Sicherheit auch mit anderen Mitteln hergestellt werden?

Hebefigur Flieger auf der Bühne 2019

Denn wiegen uns Ausbildungen nicht oft genug in einer trügerischen Sicherheit? Seit jeher müssen Kinder immer wieder erleben, dass im pädagogischen Bereich nicht professionell mit ihnen umgegangen wird und sie manchmal dabei Schaden erleiden – das reicht von kleinen Motivationsschwierigkeiten bis hin zu traumatischen Erfahrungen. Und das, obwohl im Kindergarten, in der Schule, und in vielen anderen Institutionen Professionalität ganz groß geschrieben wird. In der Tanzpädagogik zeigt z. B. die Affäre im Staatsopernballett, dass Kinderschutz neu gedacht werden muss und Ausbildungen alleine bei Weitem nicht genug sind.

Wie können Kinder geschützt werden?

Ich denke, eine entsprechende Transparenz würde allen helfen. Transparenz darüber, was wir Kindertanzpädagog_innen unterrichten, wer wir sind, welchen Zugang wir zu Tanz haben und was wir vermitteln möchten. Und dies sollte nicht nur vor fünf Jahren für unsere Website verschriftlicht worden sein, sondern auch in der laufenden Kommunikation mit den Eltern unserer Schüler_innen präsent sein. Eltern sollten die Möglichkeit haben, den Unterricht mitzuerleben und sich auch über Aspekte des Unterrichts persönlich bei uns informieren können.

Wenn sich Eltern bei mir erkundigen, worauf sie achten sollen, wenn sie einen Tanzunterricht für ihre Kinder aussuchen, weise ich vor allem darauf hin, dass es wichtig ist, Einblick in den Unterricht zu erhalten. Sie müssen selbst herausfinden können, ob sich ihr Kind in einem Setting wohl fühlt und ob der Unterricht das beinhaltet, was sie sich als Elternteil vom Tanzunterricht erwarten.

(Auf das Thema Transparenz werde ich in einem ausführlicheren Blog genauer eingehen … meldet euch für den Newsletter an, um informiert zu bleiben!)

Warum sollte es meiner Meinung nach keine vorgegebenen Mindeststandards im Kindertanz geben?

Nun könnte man argumentieren, dass es trotzdem gut sei, in einer verpflichtenden Ausbildung für Kindertanzpädagog_innen Mindeststandards zu vermitteln. Denn diese würden dazu beitragen, dass Kindern im Unterricht kein Schaden zugefügt wird.

Doch ich denke, dass dieses Argument auch anderen Interessen dient, nicht nur dem Schutz der Kinder. Wer auch immer die Inhalte dieser Ausbildung und die Kriterien für die Aufnahme angehender Kindertanzpädagog_innen festlegt, erhält damit einen Machtstatus. Ich finde es aber übergriffig, der Kunst – wie auch zum Teil der Pädagogik – eine bestimmte Richtlinie vorzugeben. Damit ginge Vielfalt verloren. Denn wer entscheidet, wer den „richtigen“ Körper hat, um Tanz unterrichten zu dürfen? Wer entscheidet, wer die „richtige“ Musikalität hat, um Tanz unterrichten zu dürfen? Wer entscheidet überhaupt, dass Musikalität notwendig ist, um Tanz zu unterrichten? Rudolf von Laban, ein berühmter Tänzer und Choreograph, hat auch den Tanz ohne Musik praktiziert. Wer entscheidet, was der „richtige“ Ansatz der Bewegungsentwicklung ist? Ist es motorische Förderung nach Britta Holle oder eher der Ansatz der natürlichen Bewegungsentwicklung von Emmi Pickler oder ein ganz anderer?

Wann hat man denn überhaupt genügend gelernt, um Kindern die Grundlagen des Tanzes zu vermitteln? Ich unterrichte seit 20 Jahren Kindertanz und lerne immer noch in jeder Einheit etwas Neues. Mein Körper ist nun 38 Jahre alt und auch er lernt immer noch Neues im Tanz – in der Praxis wie in der Theorie. Und als ich vor 20 Jahren angefangen habe zu unterrichten, da konnte ich den Kindern Tanzwissen vermitteln – auch ohne abgeschlossene Ausbildung und auch ohne Berufserfahrung. Ja, es stimmt, ich hätte viele Stolpersteine ausgelassen, hätte es damals schon die Möglichkeit gegeben, eine Ausbildung speziell für Kindertanzpädagogik zu absolvieren. Da ich aber so eine ungewöhnliche und sture Art habe, Kinder zu unterrichten, hätte ich vermutlich einiges so und so hinterfragt und weiterentwickelt. Das sage ich auch den Kindertanzpädagog_innen, die bei mir ihre Ausbildung machen: „Geht raus, macht eure eigenen Erfahrungen, andere als ich, lernt weiter und hinterfragt, was ich euch beigebracht habe!“

Schwangere Tanzpädagogin mit Tanzflamingos auf der Bühne (Jänner 2019)

Vielfalt in der Kindertanzpädagogik

Aber zurück zur Vielfalt. Wie sieht es mit all den Autodidakten aus? Ich habe immer schon Unterricht genossen, aber immer schon vieles hinterfragt und meine eigenen Wege ausprobiert. So habe ich selbst erfahren, wie ich mit bestimmten Situationen umgehen möchte, ich habe Tanzübungen selber erfunden, bevor ich entdeckt habe, dass andere diese „Übung“ schon erfunden hatten. Wie war das mit Paul Cézanne, Vincent van Gogh, Jean-Jacques Rousseau oder Friedrich Schiller? Sie alle haben keine bestimmte Ausbildung absolviert. Und eine Reihe Wissenschaftler_innen oder Künstler_innen, die eine Ausbildung absolviert haben, wurden vor allem durch die eigenständige Weiterentwicklung ihrer Arbeit berühmt.

Bleiben wir doch bei Tanzpädagog_innen. Rudolf von Laban (wie oben beschrieben ein berühmter Tänzer, Choreograph und Tanzpädagoge) war in seinem Wesen durch und durch ein Autodidakt. Er hatte keine pädagogische oder tanzpädagogische Ausbildung absolviert. Sein System der Bewegungsanalyse ist immer noch sehr bekannt und wird an vielen Orten der Welt angewandt. Hätten wir heute einen Standard, der vorgäbe, dass Tanzunterricht eine bestimmte Ausbildung benötige, würden uns solche Talente und/oder Autodidakten abhandenkommen. Rudolf von Laban dürfte keine Kinder unterrichten, aber gerade in seinem Buch von 1926 beschreibt er sehr spannende Zugänge zum Kindertanz.

Es ist sehr wichtig, den Einfluß der Begeisterung, wenn ich das Interesse, die Lust, die Neugier mit diesem Sammelnamen benennen darf, auf die Leistungsfähigkeit gründlich zu erwägen sobald man mit Kindern zu tun hat, und zwar handelt es sich hier nicht nur darum, diese Begeisterung erwecken zu können, sondern auch darum, die Begeisterungsfähigkeit soweit zu schonen, daß das Kind nicht frühzeitig blasiert und gelangweilt wird.“ (Laban, 1926, 64).

Rudolf von Laban war der Meinung, dass fachliches Wissen wichtig ist, um zu unterrichten, dass aber auch Intuition in der Tanzpädagogik eine zentrale Rolle spielt. Er ist also nicht planlos in den Unterricht gegangen, auch wenn er keinen Bildungsabschluss in diesem Bereich vorweisen konnte.

Außerdem rufe ich die Kindertanzpädagogik-Szene auf, nicht dogmatisch zu sein und sich für unterschiedliche Zugänge zu interessieren. Um ein wenig von dieser Vielfalt zu zeigen und sie dadurch zu vergrößern, bitte ich alle Kindertanzpädagog_innen unter dem Hashtag #buntekindertanzpädagogik auf Instagram oder auf Facebook (gerne auch auf der Kindertanzpädagogik – Seite: www.facebook.com/kindertanzpaedagogik) zu posten, was Tanz für euch bedeutet und was ihr Kindern im Kindertanzunterricht vermitteln wollt.

„Der charismatische Laban half seinen Freunden, Mitarbeitern und Schülern nicht nur, ihre festen Gewohnheiten und ihr konservatives Denken zu überwinden, sondern weckte in jedem, mit dem er in Kontakt trat, daß volle menschliche Potential. Die Menschen in seiner Umgebung gelangten durch seinen Einfluß zu größerer Klarheit im Fühlen und Denken, zu neuen Bewegungserfahrungen, zur Kontrolle über die eigenen Bewegungen und zu Bewußtheit.“ (Friedmann 1989, 25)

Ich freue mich auf viele bunte Texte! Und ich hoffe, dass ich in Zukunft auch Kindertanzpädagog_innen, wie Tanzpädagog_innen im Allgemeinen dazu inspirieren kann, ihre Gewohnheiten zu hinterfragen und zu größerer Klarheit im Fühlen und Denken zu gelangen.

Abbildung Laban 1926, S. 62

Sei auch du wie Rudolf von Laban und fordere dich selbst, genauso wie deine Umgebung auf, feste Gewohnheiten und konservatives Denken zu hinterfragen!

Quellen:

Friedmann, Elly D. (1989) Laban Alexander Feldenkrais. Pioniere bewußter Wahrnehmung durch Bewegungserfahrung- Paderborn: Jungfernmannsche Verlagsbuchhandlung,

Laban, Rudolf von (1926a) Des Kindes Gymnastik und Tanz. Gerhard Stalling Sport Verlag, Oldenburg i. O. 2. Auflage.

Laban, Rudolf von (2001) Der moderne Ausdruckstanz. Florian Noetzl GmbH Verlag der Heinrichshofen – Bücher, Wilhelmshaven. 5. Auflage

Perrottet, Claude (1983)Ausdruck in Bewegung und Tanz. Ein Handbuch der Bewegung und Tanzerziehung auf der Grundlage der Konzepte von Laban.

https://www.derstandard.de/story/2000101178748/drill-misshandlungen-und-magersucht-die-ballettakademie-der-wiener-staatsoper